der Himmel über Peking ist blau, und die Luft über Deutschland ist so sauber wie lange nicht mehr. Kaum Lärm, keine Flugzeuge am Himmel. Covid-19 hat ein Herz für die Natur. Leider alles falsche Hoffnungen! Denn aus der Vergangenheit weiß man, dass Wirtschaftsabschwünge noch nie gut für die Umwelt waren. So sank der CO2-Ausstoß auch während der Finanzkrise 2008/2009 drastisch. Als es dann aber wieder aufwärts ging, explodierte der CO2-Ausstoß.
Corona hat den schlechten Zustand des Klimas nicht aus der Wirklichkeit, aber aus dem Bewusstsein der Menschen verdrängt. Die Gegenwart bedeutet für die Wohlhabenden Stillstand, Langeweile und ein bisschen Verzicht. Aber für immer mehr Menschen weltweit Leid, Unsicherheit und Angst. Also kommen wieder die politischen Scharlatane, die Politik-Erklärer, Gesellschaftsdeuter und Wirtschaftsexperten mit ihren alten Ideen aus den Erdlöchern. So fordert Peter Altmayer dass die energieintensiven Industrien umfassend geschützt werden müssen und warnte vor weiteren Klimavorschriften. Die Autoindustrie erinnert daran, dass sie ja schließlich 13,8 Millionen Menschen Arbeit geben. Die Kunststoffverarbeiter verlangen, dass die Einwegplastik-Richtlinie ein weiteres Jahr verschoben wird. Und so geht es in einem fort. Von der Agrarindustrie über Reedereien und Zementfirmen, alle wollen die Pariser Klimaziele einhalten, aber nur nicht jetzt.
Wir erleben gerade eine Wiederholung der Vergangenheit. Zuerst muss die Wirtschaft wieder brummen und dann kümmern wir uns um die Umwelt. Alte Sätze die längst widerlegt sind. „Wer heute eine klima- und umweltfreundliche Produktion verschiebt, der verschiebt nur die Krise der eigenen Branche!“ Das beste Beispiel ist, die Energiewende. Peter Altmayer will zukünftig 70 Prozent grünen Wasserstoff aus den arabischen Gebieten importieren, um unseren Strombedarf zu decken. Ein deutscher Wirtschaftsminister, der die deutsche Zukunftsindustrie blockiert, was ist der eigentlich?
Also haben wir jetzt den richtigen Moment fürs Nachdenken über die Zukunft?
Finanzkrisen und die aktuelle Covid-19-Pandemie haben strukturelle Parallelen. Beide sind global. Ihr Bekämpfung macht internationale Kooperationen notwendig. Beide zwingen uns alte Gewissheiten in Frage zu stellen.
Viel zu lange haben wir geglaubt, dass wir unverwundbar sind, dass es immer nur schneller, höher und weiter geht. Vor allen Dingen haben wir heute eine noch nie da gewesene Situation: „Mit jeder neuen Ankündigung von heute werden die Ausreden von gestern für das nicht Handeln immer abstruser. Wir sehen was alles in der Politik möglich ist, wenn der Druck, die Angst da ist. Mit jeder politischen Ankündigung von heute zeigt sich doch, dass das Morgen politisch gestaltet werden kann.“
Wenn wir dann schon grundsätzlich über unseren Staat nachdenken, dann sollten wir auch die Themen Klimaresilienz und digitale Resilienz gleich mit bearbeiten und die staatlichen Kreditprogramme mit entsprechenden Klimaauflagen versehen. Dazu gehört ganz besonders die Tourismusbranche. Hat sie doch in den letzten Jahrzehnten weltweit viele Orte zerstört. Also müssen im Endpreis auch die ökologischen Folgekosten eingepreist werden.
Auch der „Slack“ muss komplett neu durchdacht werden. Bisher versuchten Unternehmensberater, Private-Equity-Fonds, Konzerncontroller den Slack aus ihren Firmen auszutreiben. Die Slack-Feinde sagen: „Lagerhaltung oder Puffer sind teuer und ineffizient.“ Doch der Weltvirus zeigt, wie dünn die Eisschicht ist, wenn die Lieferketten über den Erdball gezogen werden. Wir erkennen gerade, wie wichtig es ist, wenn man genügend Schutzausrüstung im Lager hat. Der bis ins Letzte ausgereizte Kapitalismus ist alles auf Kante genäht.
Und dann wäre da noch die EU. Wir Deutsche sind gerade, durch unser egoistisches Verhalten dabei nicht nur den Euro zu gefährden sondern auch, dass Europa aus einander bricht. In Italien und Spanien wächst der tägliche Frust. Bei denen kommt nämlich das Signal an: „Ihr Deutsche profitiert immer, aber in der Krise lasst ihr uns hängen.“ Es wäre an der Zeit, einzusehen, dass Europa nicht nur ein Wirtschaftsraum, sondern ein gemeinsamer politischer Raum ist.
Delfine schwimmen wieder in sardinischen Häfen, der Himmel über Peking ist blau, und die Luft über Deutschland ist so sauber wie lange nicht mehr. Kaum Lärm, keine Flugzeuge am Himmel. Lasst es uns genießen. Denn die Dummheit wird siegen und wir werden eine Wiederholung der Vergangenheit erleben.
Quelle: Rüdiger Lange
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